Making noise, not getting anywhere.

Tuesday, October 11, 2005

Die Verwirrung

Im Moment, in dem ich aus dem Gesundheits-Fastfood-Restaurant wieder ans Strassenlicht trete, und mit Hanns Lesers Henscheidgezische im Ohr, quatsch, Hanns Zischlers Henscheidlesung, um mich wogten gestrandete Hippies, hungrige Studenten und die schon ganz ratlos vor sich hinlebende Bewohnermeute der Telegraphstrasse, schwarz zumeist im Gesicht und manche auch in der Seele - Moldavia, die schillernd wahnsinnige Hutverkäuferin, Hutmacherin auch, aber hier auf der Strasse zunächst Hutverkäuferin, berichtete, dass mitunter ein bürgerrechtsbewegter und mithin also kriminell wahnsinniger Neger zu ihr hintrete und sie quasi mit Beschlag belege, weil, sagte Moldavia, die irgendwo aus dem Pazifik oder der Südsee her stammt, die genaue Insel hab ich vergessen, sie ja qua Hautfarbe auch den Verhaltenskodex der ewig Untergebutterten und rassisch Ausgegrenzten zu befolgen habe, wozu sie, Moldavia, aber gar keine Lust habe, sondern sie spreche alle Sprachen der Welt, hundertachtunddreissig Sprachen spreche sie, Finnisch zum Beispiel, und sie spreche gerne auch mit jedem, aber das sähen die Neger nicht gerne, das ist ein Bruch in der Solidarität, wenn eine schwarze Frau mit einem Finnen zum Beispiel spricht, dabei sei sie ja gar nicht schwarz oder aus Afrika, sondern von einer Insel, und wirklich driftete ja eine Dreierkonstellation junger Schwarzer an uns vorbei, während sie uns das alles erzählte, damals, und stellte sich drei Meter entfernt auf und guckte immer wieder dreifach ablehnend zu uns herüber, der Moldavia grade je zwei, also insgesamt alle vier vefügbaren Ohren abkaute mit ihrem paranoiden, aber werweiss auch wieder fundierten Gerede, die Dreiergruppe war sozusagen die manngewordene Verkörperung ihrer Klage und im Gesamtbild also alles in Ordnung, der Teil und das Ganze, ein dichtes, schwindelnmachendes Hologramm der sozialen Situation, vor ein paar Wochen und hier an derselben Ecke - im Moment also, indem ich hier auf die nunmehr aber moldavialose Strasse hinaustrat, den Sack mit dem Burger und den Knoblauchfritten und dem Eistee, ungesüsst, in der rechten Hand, fiel mir siedendheiss einerseits, gefrorenkalt andererseits wieder ein, dass ich ja heute gar nichts zu essen hatte kaufen wollen, sondern vielmehr und bauernschlau die mitgebrachten tiefgefrorenen Mikrowellengerichte mir hatte zubereiten und einpfeifen wollen. Moldavia kannte übrigens auch Whoopy Goldberg und hatte ihr einen Hut verkauft, das erklärte vielleicht manches, stand sogar im Guinessbuch der Rekorde mit ihren Hüten. Vermutlich hatte das aber auch gar nichts mit der ganzen Misere zu tun, und half mir deshalb auch nicht bei meinem dekadent westlichen Essensüberschuss, ein Burgerberg und eine Gefrorenemahlzeitenlawine quasi, und ganz ohne Subventionen. Naja, dachte ich, jetzt ist ja auch schon alles wurscht und trug den ganzen Schrott bergauf, um ihn dann Stück für Stück und im Lauf des Tages wegzuputzen.

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